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Anreise/Anfahrt

Stolperstein "Helene Marcus geb. Mayer"

Geboren am 10.01.1880

Vita

Helene Mayer wurde am 10. Januar 1880 als ältestes von fünf Kindern in Langenberg geboren. Sie zog mit ihren Eltern schon kurz danach nach Steele. Sie erlernte das Schneiderhandwerk und heiratete im Jahre 1907 den Schriftsetzer Adolf Marcus. Das Ehepaar bekam zwei Töchter, Edith (geboren 1912) und Alma Lieselotte (geboren 1917). Nach der Eheschließung kümmerte Helene Marcus sich in erster Linie um den Haushalt und schneiderte nur noch für Bekannte und die große Verwandtschaft. Die Familie wohnte in den zwanziger und zu Beginn der dreißiger Jahre in der Wilhelmstraße (heute Kaiser-Wilhelm-Straße), bevor sie die Wohnung in der Ruhrstraße 15 (heute Grendtor 15) bezog.

Im November 1938 schrieb Helene Marcus ihrer Tochter Edith, die damals in Celle arbeitete: „Wir haben gestern Besuch gehabt.“ Die Tochter wusste, was das zu bedeuten hatte: beim Novemberpogrom zerstörten SA- und SS-Trupps die Einrichtung und machten die Vier-Raum-Wohnung unbewohnbar. Diese Erinnerung zeigt schlaglichtartig, dass bereits zu dieser Zeit alle Juden damit rechnen mussten überwacht zu werden und dass nur eine Tarnsprache genutzt werden konnte, um Angehörige zu informieren. Mutmaßlich zu Beginn des Jahres 1939 zog das Ehepaar in eine Wohnung am Graffweg 2 zu Verwandten von Helene Marcus. Die Familie des Metzgers Mayer nahm das mittellose Ehepaar in ihre ebenfalls teilweise zerstörte Wohnung auf. Ein Foto vom Juli 1939 zeigt die 59-jährige Frau an der Treppe vor der Laurentiuskirche in unmittelbarer Nähe dieser Adresse. Es wurde wenige Tage vor der Flucht von ihrer Tochter Edith Joel bei ihrem letzten Besuch der Eltern aufgenommen. Während sich also die ältere Tochter in Sicherheit bringen konnte, wurde die jüngere Tochter Alma Lieselotte später deportiert und ermordet.

Im Oktober 1940 mussten die Eheleute Marcus ein weiteres Mal umziehen. Sie wurden in ein „Judenhaus“ im Essener Zentrum eingewiesen. Von der I. Weberstraße 17 wurden sie im April 1942 nach Izbica deportiert. Von Helene Marcus stammt eines der ganz wenigen erhaltenen Zeugnisse aus der Zeit nach der Deportation. Sie schrieb kurz nach der Ankunft in Izbica im heutigen Polen eine Postkarte an ihre in Essen-Rüttenscheid wohnende Mutter Regina Mayer. Diese Karte, die wie alle anderen Poststücke durch die Zensur gingen und sicherlich äußerst vorsichtig abgefasst wurde, entwirft ein trostloses Bild der Situation der Essener Juden: „Seit Freitag Abend sind wir hier, haben aber noch keine Wohnung. Mit Dr. B, Moritz Simon und 2 Damen sind wir in einem Raum. Es ist kalt und regnerisch und es fehlt uns an allem. Keine Schuhe und Strümpfe zum Wechseln, kein Kleid und Kittel. […] Verpflegung haben wir nicht, auch kein Kochgeschirr.“ Helene Marcus wollte ihre 85-jährige Mutter bestimmt nicht in Panik versetzen. Sie sah aber keine andere Möglichkeit als ihre Bitte um Päckchen bei den wenigen noch in Essen lebenden Verwandten zu äußern. Bei welcher der im Laufe des Jahres 1942 von der SS durchgeführten Ermordungsaktionen das Ehepaar umgebracht wurde, lässt sich nicht feststellen. Sicher ist, dass am Ende dieses Jahres fast keiner der nach Izbica Deportierten mehr lebte.

Literatur

Ingrid Niemann, Ludger Hülskemper-Niemann: Stolpersteine in Steele, Hrg. Steeler Archiv e.V., Essen 2015

Grund der Verfolgung

Grund der Verfolgung: Jüdin
Deportiert am: 22.04.1942
Deportiert nach: Izbica
Bemerkung:
Es wurde auch ein Stolperstein im Stadtkern in der I. Weberstr. 17 verlegt

Stolperstein