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Anreise/Anfahrt

Stolperstein "Lina Rosenbaum geb. Marx"

Geboren am 09.08.1882

Vita

"Lina Marx wurde 1882 in Frankenberg (Eder) geboren. Gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Sara führte sie ein Herren- und Damenmodegeschäft in Mülheim an der Ruhr. 1914 heiratete sie den Geschäftsmann Moritz Rosenbaum (geb. 1884), der einige Jahre zuvor in Steele an der Bochumer Straße (früher Berliner Straße) ein Textilgeschäft eröffnet hatte. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, die beide in Steele zur Welt kamen: Lieselotte (1916) und Günther (1920). Mehr als 20 Jahre beschäftigte das Ehepaar 15 bis 20 Mitarbeiter in ihrem großen und gut gehenden Geschäft. In einem Brief aus dem Jahre 1988 beschrieb die ältere Tochter Lieselotte die Zeit vor der NS-Diktatur: „Mein Vater war ein beliebter Bürger im Städtchen, und meine Mutter wurde verehrt von allen, die diese vortreffliche Frau kannten. […] Die Steeler Gemeinde war ganz liberal. […] Ich erinnere mich, dass mein Vater mir zuliebe an Feiertagen wie Neujahrsfest und Versöhnungstag das Geschäft geschlossen hatte. Dann ging er mit dem Zylinder durch die Stadt in die Synagoge. Dann riefen die Nachbarn: ,Herr Rosenbaum, haben Sie schon wieder Feiertag?‘ “

Unmittelbar nach Beginn der nationalsozialistischen Diktatur begann der wirtschaftliche und gesellschaftliche Niedergang. Beide Kinder, die vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs emigrieren konnten, erinnern sich an den Boykott am 1. April 1933. Lieselotte Lieber, geb. Rosenbaum, schilderte in ihrem Brief von 1988 die Zeitenwende: „Gut erinnere ich mich daran, wie bereits schon im Jahre 1933 ca. 10 – 15 SA-Männer vor unseren Schaufenstern und die Scheiben mit Naziparolen beschmiert waren. […] Die meisten Kunden hatten Angst und befolgten den Aufruf ‚Kauft nicht bei Juden‘. Unser Geschäft ging sehr zurück.“ Dem jüngeren Bruder Frank Russell (früher Günther Rosenbaum) brannte sich der antijüdische Boykott ebenfalls tief ein: „Dann kam der Boykott, es wurde immer schlimmer.“ Am 1. April 1933 marschierte die SA vor dem Geschäft der Rosenbaums auf: Fensterscheiben und Einrichtung werden zerstört. Unter dem Motto „Kauft nicht bei Juden"" wurden Kunden vom Betreten des Geschäfts abgehalten. Die Eltern versuchten ihre Angst und Sorge vor den Kindern zu verbergen.

Neben dem geschäftlichen Niedergang musste Moritz Rosenbaum als Repräsentant der Synagogengemeinde frühe Anschläge auf die Steeler Synagoge erleben. Er schrieb am 23.12.1934 an die Kriminalpolizei: „In der Nacht zum 23. Dezember sind wiederum ebenso wie in der Nacht zum 1. Mai 34 die Fenster der Synagoge durch Steinwürfe beschädigt worden. Ebenso ist ein Fenster der gegenüberliegenden alten Schule zertrümmert. Eine Türfüllung der sicheren Eingangstür der Synagoge ist ebenfalls durch einen schweren Steinwurf herausgeschleudert und bis in die Mitte der Synagoge geflogen.“ Sechs junge Männer aus Steele hatten diesen Anschlag verübt, wurden aber in dem anschließenden Verfahren nicht zur Rechenschaft gezogen. Lina Rosenbaum musste erleben, dass ihr Mann Moritz sich am 4. November 1935 das Leben nahm. Sie musste das Geschäft aufgeben und zog nach Essen an die Lenbachstraße.

Die Kinder verließen bald ihre Heimatstadt. 1939 konnte Tochter Lieselotte gemeinsam mit ihrem Mann nach Palästina auswandern. Fast gleichzeitig bekam Günther die Chance im Mai 1939 legal nach England auszureisen. Die Mutter der beiden saß dagegen in Essen in der Falle. Aus den Akten erfahren wir, dass sie in den nächsten Jahren immer kleinere Wohnungen bezog, bevor sie am 29. September 1941 in ein „Judenhaus“ in Essen am Haumann-Platz einziehen musste. Von dort wurde sie im November 1941 nach Minsk deportiert und ermordet.

Ihr Sohn Frank Russell trat der englischen Armee bei, um für seine neue Heimat zu kämpfen. Nach 1945 war er noch einige Jahre in Deutschland stationiert, bevor er wieder nach England ging. Tochter Lieselotte kehrte in den fünfziger Jahren mit ihrem Mann zurück nach Bielefeld.

"

Literatur

Ingrid Niemann, Ludger Hülskemper-Niemann: Stolpersteine in Steele, Hrg. Steeler Archiv e.V., Essen 2015

Grund der Verfolgung

Grund der Verfolgung: Jüdin
Deportiert am: 10.11.1941
Deportiert nach: Minsk

Stolperstein