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Anreise/Anfahrt

Stolperstein "Kurt Neumark"

Geboren am 24.06.1892

Vita

"Kurt Neumark wurde 1892 in Dresden geboren. Er betrieb intensiv Ahnenforschung und konnte seinen Familienstammbaum bis in das 17. Jahrhundert nachverfolgen. Er fühlte sich als Deutscher Bürger jüdischen Glaubens und war nach Aussagen seiner Töchter ""deutscher als die meisten Deutschen"". Er heiratete Paula Jacoby aus Essen. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Ruth (1915), Edith (1919) und Hans (1922). Im Ersten Weltkrieg diente Kurt Neumark als Frontkämpfer, bekam u.a. das Eiserne Kreuz und das Verwundetenabzeichen. Nach dem Krieg übernahm er eine Provisionsvertretung in der Tabakbranche, zuerst in Sachsen, dann nach dem Umzug im Jahre 1927 in Essen und Umgebung.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme gingen seine Geschäfte immer schlechter. Er verlor im Oktober 1938 schließlich seine Arbeit. Was wenige Wochen später in der Pogromnacht passierte, schildert die später emigrierte Tochter Edith Tenn, geb. Neumark: „Am 9. November 1938 war ich mit meinen Eltern zu Hause. Wir hörten draußen großen Lärm. Die Nazis zerschlugen die Fenster unseres Ladens und die der anderen Juden im Stadtteil. Sie warfen Waren auf die Straße. Sie kamen und hämmerten an die Tür unserer Wohnung im zweiten Stock und nahmen meinen Vater mit. [...] Später kamen sie zurück und richteten in unserer Wohnung ein heilloses Durcheinander an – die Möbel unseres Wohn- und Esszimmers wurden durch den Raum geschleudert und das Buffet wurde auf den Tisch gestürzt. Meine Mutter und ich wussten nicht, was wir machen sollten. Wir sahen durch das Fenster ein großes Feuer in Richtung unserer Synagoge. Die Nazis hatten Kanister mit Benzin in die Synagoge gerollt und diese in Brand gesetzt. Alles wurde verbrannt, einschließlich der Gebetsriemen meines Vaters und aller Bücher mit Gebeten, die in den Sitzen aufgehoben waren. [...] Meine Mutter war sicher, dass sie, wenn sie mit der Polizei reden würde, meinen Vater freilassen würden. Er war schließlich über vier Jahre im Ersten Weltkrieg gewesen und hatte für Deutschland gekämpft. Sie nahm alle seine Orden einschließlich des Eisernen Kreuzes, um sie ihnen zu zeigen. Als wir dorthin kamen, lachten sie uns aus und erzählten uns, dass sie nicht wüssten, wo sie den Mann hingebracht hätten. [...] Etwa Mitte Dezember 1938 kam mein Vater ohne Vorankündigung nach Hause zurück. Er war in Dachau gewesen, aber er wollte uns nicht erzählen, was passiert war.“ Nach der Rückkehr aus dem KZ war er ein weitgehend gebrochener Mann.

Im darauffolgenden Jahr konnten sich die drei Kinder durch Flucht, bzw. Emigration in Sicherheit bringen. Die beiden Töchter Ruth Tennenhaus, geb. Neumark und Edith (später Tenn) wanderten kurz vor Kriegsbeginn nach England bzw. in die USA aus. Der 16-jährige Hans konnte sich auf abenteuerliche Weise mit einem Donau-Schiff in Richtung Südosten und dann nach Palästina durchschlagen.

Zurück nach Essen-Steele zu den Eltern: Ihre drei Kinder waren in Sicherheit, aber für sie gab es keine Rettung mehr. Das Passfoto aus dem Jahre 1939 könnte darauf hinweisen, dass die Ausreise geplant war. Nach Kriegsbeginn lebte das Ehepaar Neumark ohne ihre Kinder weitgehend isoliert und war genau wie alle anderen Juden einer Reihe von Sondermaßnahmen und Schikanen unterworfen. So wurden u.a. die Lebensmittelzuteilungen gekürzt. Kurt Neumark stellte zu Beginn des Jahres 1941 beim städtischen Ernährungsamt in Essen einen Antrag auf „Gleichstellung in der Lebensmittelversorgung mit der arischen Bevölkerung […], weil er im Weltkrieg 1914/18 verwundet wurde.“ Dieser Antrag wurde zwar positiv beschieden, rettete den verdienten Frontkämpfer und seine Frau jedoch nicht. Das Ehepaar musste in ein „Judenhaus“ an der Thomästraße (Altendorfer Straße) nach Essen ziehen. Am 22. April 1942 wurden beide nach Izbica deportiert und ermordet.

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Literatur

Ingrid Niemann, Ludger Hülskemper-Niemann: Stolpersteine in Steele, Hrg. Steeler Archiv e.V., Essen 2015

Grund der Verfolgung

Grund der Verfolgung: Jude
Deportiert am: 22.04.1942
Deportiert nach: Izbica

Stolperstein