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Stolperstein "Henriette Fränkel geb. Wolff"
Vita
Henriette Fränkel wurde als zweites Kind von Samuel Wolff (1851-1930) und seiner Frau Mathilde geb. Neuwahl (1856-1941) am 13. August 1882 in Norden, Landkreis Aurich, geboren. Die ältere Schwester Frieda kam 1881 zur Welt, Bruder Willie 1888. Samuel Wolff war aktives Mitglied in der Nordener Synagogengemeinde. Henriette wuchs in Norden auf, lernte dort ihren Mann, den am 8. September 1879 in Belgard (heute: Polen) geborenen Leo Fränkel kennen. Die Eheschließung fand ebenfalls in Norden statt. Leo Fränkel lebte und arbeitete in Essen. Laut Adressbuch betrieb er ab 1910 mit Max Littmann das Agenturgeschäft „Littmann und Fränkel“, Teichstraße 22. Ab 1914 ist als Wohnadresse die Isenbergstraße 22 eingetragen. Ab 1923 wurde das Geschäft um eine mechanische Kleiderfabrik erweitert, die Leo Fränkel später alleine unter dem Namen „Fränkel & Co.“ betrieb. Von 1928 bis 1933 findet sich als Berufsbezeichnung „Vertretungen“. Später beteiligte er sich auch als Partner an einem Pferdegestüt im Rheinland. Von 1933 bis zur Liquidation im Januar 1939 führte er zusammen mit Heinrich Auerbach das Warenhaus „L. Rosenberg KG.“ an der Altendorfer Straße/Ecke Helenenstraße. Das Geschäft wurde in der Reichspogromnacht schwer beschädigt und im Februar 1939 an eine Essener Firma verkauft. Am Tag nach der Reichspogromnacht, dem 10. November 1938, wurde Leo Fränkel verhaftet und nach Dachau gebracht. Am 23. November kehrte er nach Essen zurück.
Henriette und Leo Fränkel hatten zwei Kinder, den am 9. Januar 1917 in Norden geborenen Werner und Tochter Ilse, die am 16. Februar 1920 in Essen zur Welt kam. Werner und Ilse besuchten regelmäßig in den Schulferien ihre Großeltern und die ostfriesischen Inseln, die alle sehr liebten. Bis 1929 hatte die Familie in der Isenbergstraße gewohnt, verzog dann in die Herwarthstraße 121 (heute: Huttropstraße 69). Am 1. Juli 1937 wurde eine Wohnung in einem neuerrichteten Wohnhaus in der Dammannstraße 94 bezogen. Der zweite Mieter unter dieser Adresse war Heinrich Auerbach. Leo und Henriette Fränkel, Werner und Ilse waren bereits nach Kenia geflüchtet, mussten im August 1939 ihre Wohnung in der Dammanstraße verlassen und in ein "Judenhaus" umziehen, Schönleinstraße 46, bevor sie im April 1942 in den Holbeckshof eingewiesen wurden. Henriette und Leo Fränkel versuchten ihren Kindern nach Kenia zu folgen. Leo Fränkel begann Swahili (Suaheli) zu lernen. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel bekamen sie kein Visum für Kenia. Am 21. Juli 1942 wurde das Ehepaar nach Theresienstadt deportiert, am 23. Oktober 1944 erfolgte der Transport nach Auschwitz, wo sie ermordet wurden. Tochter Ilse bekam von einem unbekannten Absender einen Brief, datiert vom 18. August 1942, in dem sie über den Abtransport der Eltern nach Theresienstadt informiert wurde. Das letzte Lebenszeichen, das Werner und Ilse von ihren Eltern erhielten, war ein undatierter und zensierter Brief aus Theresienstadt.
Der 1917 geborene Werner besuchte zunächst die Volksschule, bevor er 1927 zum Helmholtz-Gymnasium wechselte. Nach dem Abitur wollte er dann Betriebswirtschaft studieren. Nach Problemen in der Schule, verließ er das Gymnasium und absolvierte auf Drängen des Vaters eine kaufmännische Ausbildung, laut Meldekarte vermutlich in einem Unternehmen in Duisburg-Hamborn, die er nach eigenen Angaben 1936 abschloss. Die Rückmeldung nach Essen erfolgte aber erst 1937. Offensichtlich plante er zu diesem Zeitpunkt schon seine Emigration, denn in der Wiedergutmachungshilfsakte, gibt er an, dass er aufgrund der geringen Aussichten, im Ausland eine Stellung als kaufmännischer Angestellter zu bekommen, in die Landwirtschaft wechselte und eine Ausbildung im Horster Grashaus Friedeburg/Horsten in Niedersachsen begann. 1938 beantragte er die Zulassung zur landwirtschaftlichen Fakultät an der Universität Bonn, was aber aufgrund des fehlenden Abiturs abgelehnt wurde. Im Dezember 1938 wanderte er dann nach Kenia aus. Dort arbeitete er bis 1942 als Farmlehrling, wurde dann Farm-Manager und später Leiter einer Kaffeeplantage. Er starb 2003. Seine Schwester Ilse folgte ihm im Juni 1939. Ilse besuchte nach der Volksschule ab 1930 die Viktoriaschule mit dem Ziel, nach dem Abitur ein Medizinstudium zu beginnen. Vor Beendigung des Schuljahres 1936 musste sie, wahrscheinlich aus rassischen Gründen (Wiedergutmachungshilfsakte), das Gymnasium verlassen. Im März 1938 ging sie nach Hannover, um im dortigen jüdischen Krankenhaus als Krankenschwester zu arbeiten. Im Juli desselben Jahrs wurde jüdischen Ärzten die Approbation entzogen und sie durften als „Krankenbehandler“ ausschließlich jüdische Patienten annehmen. Diese Situation bewog Ilse und wahrscheinlich vor allem ihre Eltern, eine Auswanderung ihrer Kinder zu beschleunigen. Ilse erhielt durch ihren Bruder eine Stellung in Kenia als Gouvernante auf einer Farm. 1940 heiratet sie Cliff Hughes und bekam drei Söhne. Nachdem ihr Mann in den 1950er Jahren gestorben war und die Lage in Kenia aufgrund der Unabhängigkeitsbestrebungen des Landes unsicher wurde, wanderte Ilse mit ihren Kindern nach Australien aus, wo sie 2013 starb.
Vergleiche
Stolperstein Nr. 344
Literatur
Literatur Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv; Alte Synagoge Essen: Sammlung Fränkel
Bildnachweis Privatbesitz David Hughes
Grund der Verfolgung
Deportiert am: 21.07.1942
Deportiert nach: Theresienstadt
Stolperstein
- Verlegt am 23.05.2018
- Adresse: Dammannstr. 94
- Stadtteil: Südostviertel
- Steinlage: Link zum Kartenportal