Vor 90 Jahren wurde die Ruhr auf ihrem gut 200 Kilometer langen Weg vom Sauerland bis zum Rhein in Essener Höhe zum ersten Mal gestaut. In den 1930er-Jahren ging es darum, die Ruhr wieder zu einem sauberen Fluss werden zu lassen und gleichzeitig die Trinkwasserversorgung für eine wachsende Bevölkerung zu sichern.
90 Jahre Baldeneysee (2023)
Zum Hintergrund
(Text teilweise entnommen aus dem Buch „Der Baldeneysee. Eine Zeitreise“, mit freundlicher Genehmigung der Autoren Dorothee Bessen und Horst W. Bühne, erschienen 2013 im Klartext Verlag ISBN 978-3-8375-1127-7)
Schon seit Jahrhunderten zog das Ruhrtal viele Besucher an. Der Begründer der berühmten roten Reiseführer, der Essener Karl Baedeker, rühmte bereits in seiner „Rheinreise" von 1843 das Gebiet um die Ruhr, dort heißt es: „Ein höchst merkwürdiges und an Naturschönheiten reiches, durch Gewerbefleiß und ergiebigen Bergbau ausgezeichnetes Thal, welches von Elberfeld aus in zwei oder drei Tagen durchwandert werden kann, je nachdem man sich das Ziel steckt, ist das Ruhrthal."
Offenbar zieht es den Bürger in seiner Freizeit seit jeher ans Wasser, und der spätere Bau des Sees kam dem Freizeitbedürfnis der Bevölkerung entgegen. Vorrangig diente das Vorhaben der Wasserwirtschaft und gleichzeitig der Imageverbesserung der schmutzigen Industrie-Stadt. 1936, drei Jahre nach Fertigstellung des Sees, schrieb das städtische Werbeamt einen Wettbewerb zur Gestaltung eines Plakates unter dem Motto: „Essen, die weltbekannte Industrie-Großstadt — die überraschend schön gelegene Wohnstadt" aus. Dabei spielte der Baldeneysee eine große Rolle.
Nicht alle Essener sahen den Bau positiv. Dies beschreibt auch die Broschüre „der Essener Baldeneysee", die von der Verkehrsgesellschaft Baldeneysee 1933 herausgegeben wurde: „Die alten Essener Bürger empfanden zum Teil diesen Einbruch in das liebliche Ruhrtal als Gewalt: Bäume wurden abgerissen, Häuser verschwanden im Wasser, Dämme wurden aufgeworfen, Traktoren schafften Steine heran und Lokomotiven zogen Dutzende von Wagen: was oben war, kam unter den See, und was unter den Bergen war, wurde zu Dämmen aufgeschüttet."
Im Frühjahr 1931 begann der Ruhrverband mit dem Bau des Baldeneysees. Am 26. März trafen die ersten Arbeitskräne auf der Ruhr ein. Ziel war die Verbesserung der Wasserqualität. Schließlich musste die Wasserversorgung trotz steigenden Wasserverbrauchs und der gleichzeitigen Verschlechterung der Wasserqualität durch den Bevölkerungsanstieg und die prosperierende Industrie gewährleistet werden. Zu dieser Zeit hatten die Wasserwerke an der Ruhr verstärkt Probleme bei der Sicherstellung der Wasserversorgung, insbesondere in trockenen Zeiten.
Durch die Anlage des Sees hat man den ursprünglichen Ruhrverlauf verbreitert, so dass die Geschwindigkeit des Flusses geringer wurde und sich die im Fluss befindlichen Schmutzpartikel auf dem Boden des Sees absetzen konnten.
Erste Planungen zum Bau begannen schon 1927. Dr. Karl Imhoff, erster Geschäftsführer des 1913 gegründeten Ruhrverbandes, hatte die Idee, mehrere Ruhrstauseen zu errichten. Zunächst sah der Entwurf einen See zwischen Schloss Baldeney und Heisingen vor. Das Stauwehr sollte oberhalb des alten Schloss Baldeney - das gleichzeitig Namensgeber des Sees sein sollte - errichtet werden.
Außerdem versicherte man sich, dass Absenkungen durch den Kohleabbau in Werden nicht zu befürchten waren. Nach erfolgreichem Baubeginn im Juli 1931 erfolgte im Dezember 1931 ein Baustopp, denn die 1929 begonnene Weltwirtschaftskrise führte wegen Kapitalmangels zur Insolvenz. Um Darlehen aus der Erwerbslosenfürsorge erhalten zu können, wurde bei den Arbeiten ab Frühjahr 1932 mehr und mehr auf Maschinenarbeit verzichtet.
So konnte eine große Zahl von Erwerbslosen beschäftigt werden. Zeitweise waren bis zu 2.600 Arbeiter mit Schaufel und Spitzhacke damit beschäftigt, die Grundlagen für den Stausee zu schaffen. Sie erhielten zwischen 1,00 und 1,80 Reichsmark und eine warme Mahlzeit am Tag.
Ende Februar 1933 war das Stauwehr fertiggestellt und die Ruhr wurde probeweise aufgestaut. Am 22. Juni desselben Jahres stellte man das Wasserkraftwerk Baldeney in Dienst. 1933 nahm die Weisse Flotte Baldeney ihren Fahrgastschiffbetrieb auf. Eine neue Schleuse wurde im Stauwehr Für Ausflugsschiffe und Freizeitkapitäne errichtet. In der Ratssitzung vom 2. Oktober 1938 wurden 150.000 Reichsmark zum Ausbau des Baldeneyseebades für die badefreudigen Volksgenossen freigegeben, das 1937 offiziell eröffnet wurde. Bis 1984 diente es als Freibad mit einem Schwimmerbecken, zwei Nichtschwimmerbecken und einem abgegrenzten im Baldeneysee befindlichen Sprungbecken mit Sprungturm.
See- und Lichterfest
Heute gehört der Stausee zu den beliebten Naherholungszielen für die Essener*innen und darüber hinaus, außerdem ist er ein viel befahrenes Sportgewässer mit nationalen und internationalen Wettkämpfen geworden.
Dies wurde zum 90. Jubiläum am 19. August 2023 mit einem See- und Lichterfest gefeiert.