NS-Zeit
Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler änderten sich auch in Essen die Verhältnisse grundlegend. An der Stadtspitze löste der ehemalige Verleger Dr. Theodor Reismann-Grone den Oberbürgermeister Heinrich Schäfer (Zentrum) ab. Das gewählte Stadtparlament wurde nach kurzer Übergangszeit aufgelöst. Ebenso wurden die Gewerkschaften zerschlagen, die Vereine „gleichgeschaltet“, missliebige Beamte und Angestellte entlassen, und die Gegner der Nationalsozialisten - Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftler - verhaftet, öffentlich gedemütigt und in eiligst eingerichteten Lagern gequält und misshandelt.
Mitte der 1930er Jahre fanden die Nationalsozialisten zunehmend mehr an Zustimmung in der Bevölkerung. Neben der Beliebtheit Hitlers festigten auch die außenpolitischen Erfolge und der wirtschaftliche Wiederaufstieg das Regime. Hinzu kamen die propagandistische Umschmeichelung der Arbeiterschaft und die Propagierung der Volksgemeinschaft.
Nur einige wenige standen abseits. Lediglich eine sehr kleine Minderheit leistete Widerstand – aus unterschiedlichsten Motiven. Aus politischer Überzeugung bekämpften Kommunisten, Sozialdemokraten, Liberale, Zentrumsleute oder die Mitglieder des „Bund. Gemeinschaft für sozialistisches Leben“ den NS-Staat, während die Resistenz der Bekennenden Kirche, die in Essen und Wuppertal ihre Zentren besaß, aus der Auseinandersetzung um die richtige christliche Lehre im „Dritten Reich“ entstand.
Ausgegrenzt und verfolgt wurden die Juden, die durch die „Nürnberger Gesetze“ zu Menschen zweiter Klasse gemacht wurden. Ihren ersten schrecklichen Höhepunkt hatte die Verfolgung in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November. NSDAP-Angehörige, SA- und SS-Leute brandschatzten die Essener und Steeler Synagoge sowie das jüdische Jugendheim und verwüsteten zahlreiche Geschäfte, Praxen und Wohnungen. Während des Krieges verstärkte sich die Gewalt gegen die Essener Juden und Jüdinnen, die in die Ghettos und Vernichtungslager deportiert wurden, wo sie verhungerten, entkräftet den grassierenden Seuchen zum Opfer fielen oder ermordet wurden.
Obwohl als „Waffenschmiede des Reiches“ gefeiert, hat Essen keineswegs die Rolle in der Rüstungsproduktion gespielt, wie es die NS-Propaganda vermuten lässt. Dennoch waren Krupp und die Zechen ein gewichtiger Teil der Kriegswirtschaft, wo eine große Zahl an Kriegsgefangenen, Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen eingesetzt wurden. Sie lebten unter vielfach menschenunwürdigen Bedingungen in Schulen und Barackenlagern und mussten bei unzureichender Ernährung die schwersten und dreckigsten Arbeiten verrichten.
Seit März 1943 beherrschten die Luftangriffe das Leben, die verheerende Folgen zeitigten und bei denen etwa 6400 Personen starben. Als im April 1945 die Alliierten die Stadt einnahmen, lagen 60 Prozent des Stadtgebietes in Schutt und Asche. In den zerstörten Wohnungen lebten nur 285.000 Menschen – vor dem Krieg waren es über 666.000 gewesen.
Theodor Reismann-Grone
Der Zeitungsverleger Theodor Reismann-Grone, geboren am 30. September 1863 in Meppen, Mitbegründer des Alldeutschen Verbandes und Exponent der radikal-völkischen Bewegung, hatte sich zu Beginn der 1930er Jahre der NSDAP angeschlossen. 1933 wurde er zum ersten nationalsozialistischen Oberbürgermeister von Essen ernannt. Seine Biographie hat Stefan Frech eingehend untersucht.